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Neulich im Museum

Claudia Mauelshagen, 13. März 2018

"Kommunikation im 21. Jahrundert: 21 Perspektiven auf die Digitalisierung" heißt die neue Dauerausstellung, die das Angebot des Frankfurter Museums für Kommunikation bereichert. Die Besucher erhalten einen Einblick in die vielfältigen Aspekte des Thema. Was deutlich wird: Die Digitalisierung ist eine komplexe Aufgabe - politisch, gesellschaftlich, ethisch.

„Kommunikation im 21. Jahrundert: 21 Perspektiven auf die Digitalisierung“ heißt die neue Dauerausstellung, die seit einem halben Jahr das Angebot des Frankfurter Museums für Kommunikation bereichert. An einzelnen Video-Stationen kann man sich 21 Statements von Experten unterschiedlicher Couleur zu verschiedenen Aspekten der Digitalisierung anhören und anschauen.

Das Schöne an der Ausstellung ist, dass sie die Thesen, Einschätzungen, Gedanken, Prognosen versammelt, ohne dass eine Synthese dabei herauskommt. Einige Statements ergänzen sich, andere widersprechen sich, manche sind Einzelgänger, Kommentierungen der Ausstellungsmacher gibt es nicht. Und eben deshalb lässt sich auf dem Sofa im Museumscafé bei Capuccino und Brownies mit meiner Kollegin wunderbar weiterdenken und diskutieren: Wie hat sich unsere Alltagskommunikation im Zuge der Digitalisierung verändert? Wie wird sie sich weiter verändern? Werden wir wirklich implantierte Computerchips haben, über die ein Teil unserer auch nichtsprachlichen Kommunikation laufen wird, wie es der Medienpädagoge
Professor Stefan Aufenanger prognostiziert? Werden in Arbeitsprozessen eingesetzte Maschinen in naher Zukunft so miteinander im Team kommunizieren können, wie es bislang nur Menschen können? Das sagt Professor Sabina Jeschke, Spezialistin für Informationsmanagement im Maschinenbau, voraus. Und die sozialen Medien: Werden sie zur fünften Gewalt? Davon ist Bernhard Pörksen, Professor für Medienwissenschaft, überzeugt. Dass in 30 Jahren durch die veränderten Formen von Kommunikation die traditionelle Unterscheidung von Privatheit und Öffentlichkeit obsolet ist, womit nicht nur das Ende der Privatheit einhergeht, sondern vermutlich auch die Abschaffung der Demokratie, vermutet der Soziologe und Sozialpsychologe Professor Harald Welzer. Dazu fällt mir gleich die kürzlich im Spiegel veröffentlichte (Gegen-)These von Sascha Lobo ein: „Der Normalzustand sozialer Medien ist heute nicht mehr öffentlich. Es findet ein großer digitaler Rückzug ins Private statt.“

Letztlich, so unser Sofa-Fazit, sind die Prognosen im Bereich der digitalen Entwicklungen und ihrer individuellen und gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen vielfältig, die Ausschläge in jeder Richtung interessant, aber teilweise so hoch, dass es schwierig ist, zu realistischen Einschätzungen zu kommen. Manches hingegen scheint uns unstrittig, etwa dass die Datenmonopole geregelt werden müssen, wie es der Rechtswissenschaftler
Professor Wolfram Schulz betont.

In jedem Fall ist - jenseits allen Hypes - die Digitalisierung eine große und komplexe Aufgabe, auch und insbesondere politisch, gesellschaftlich, ethisch. Die Fragen sind: Wie wollen wir in Zukunft leben? Und was von dem, was machbar ist und sein wird, wollen wir wirklich umsetzen?


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