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Politische Kommunikation: Augenhöhe statt Manipulation

Claudia Mauelshagen und Susanne Theisen-Canibol, 24. Oktober 2019

Wer das Gegenüber nicht als ebenbürtig betrachtet und stattdessen erzieherisch oder/und manipulativ agiert, wird nicht überzeugen können. Das ist in der politisch-öffentlichen Kommunikation nicht anders als in der privaten. Schlägt sich der erzieherische, dominierende, manipulierende Habitus in der Kommunikation nieder, so entsteht eine asymmetrische Kommunikationssituation.


Es ist die Zeit der Schönen-Begriffe-Politik. Neue gesetzliche Regelungen und andere Vorhaben werden von den politischen Akteuren mit Begriffen wie „Starke-Familien-Gesetz“, „Gute-Kita-Gesetz“, „Respekt-Rente“, „Baukindergeld“ oder „Ehe für alle“ unters Volk gebracht. Diese Begriffsbildungen erwecken den Eindruck, dass die Politik die Bürger mit lauter Vorhaben beglückt, die geradewegs ins Paradies führen. Oder sollte man sagen, in ein neues, schön ausgestattetes Kinderzimmer? Denn solche Sprache infantilisiert die Adressaten. Zudem transportieren die niedlichen Blümchen-Begriffe keine neutralen Inhalte, sondern Inhalte, denen die Wertung bereits eingeschrieben ist.

Die Begriffe reihen sich ein in das Prinzip einer Beeinflussung der Öffentlichkeit, die nicht aus der Kraft des Argumentes, der Debatte, des öffentlichen und offenen Diskurses heraus stattfindet, sondern aus der Kraft des manipulativen Wortes. Ziel ist die Identifikation des Adressaten mit den kommunizierten Inhalten und mit deren Urhebern.

In diesen Kontext gehören auch andere Methoden, zum Beispiel das
Framing , das durch das Framing Manual der ARD zu unseliger Berühmtheit gelangte. Oder die Bemühungen, neue Narrative zu schaffen, neue große Erzählungen etwa über Europa. Sie sollen die Menschen zur Identifikation mit Europa oder sagen wir besser der EU bringen. Über die sprachliche Einflussnahme hinaus geht das Nudging , eine Methode, mit der Adressaten zu einem gewünschten Verhalten hin gestupst werden, durchaus auch so, dass sie gar nicht so genau mitbekommen, dass und wie sie zu diesem Verhalten gebracht werden.

Schlägt sich der erzieherische, dominierende, manipulierende Habitus in der Kommunikation nieder, so entsteht eine
asymmetrische Kommunikationssituation . Dem Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick zufolge bedeutet dies, dass ein superiorer und ein inferiorer Partner miteinander kommunizieren bzw. dass ein ungleiches Verhältnis in der Kommunikation hergestellt oder herzustellen versucht wird. Aus transaktionsanalytischer Sicht lässt sich in unserem Zusammenhang von einer Kommunikation aus dem Eltern-Ich heraus sprechen.

Funktioniert das? Wir meinen: Es funktioniert über weite Strecken nicht. Denn: Bürger sind keine folgsamen Kinder, die sich paternalistischen Ambitionen fügen. Erwachsene und mündige Menschen durchschauen, was ihnen hier geboten wird – was zu allem Möglichen, aber nicht zur Identifikation mit den politischen Akteuren führt. Bürger spüren die Asymmetrie, den erhobenen Zeigefinger, spüren, dass sie nicht für voll genommen werden – und rebellieren, opponieren, auf welche Weise auch immer und nicht immer unbedingt auf erwachsene Weise. So wird das Gegenteil dessen erreicht, was intendiert ist. Was es stattdessen  bräuchte? Die innere Haltung und den Willen, demokratische Meinungsbildung durch echte und ebenbürtige Diskurse mit der Öffentlichkeit herzustellen.

Mehr dazu finden Sie in unserem Whitepaper-Beitrag „Augenhöhe statt Manipulation“ (Seite 27 bis 39).
Whitepaper zum Download

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